Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Artikel im PDF Format

Pfarer  Ilya Limberger

Pfarer Ilya Limberger
ich schreibe Ihnen in meiner Funktion als Vorsteher der russisch-orthodoxen Kirchengemeinde Stuttgart, als Mitglied der christlich-orthodoxen Pfarrkonferenz, die die griechischen, die serbischen, die rumänischen, die bulgarischen und die russischen Gemeinden Stuttgarts vertritt, als Seelsorger und Priester für Hunderte von Menschen – Eltern, Kindern, Jugendlichen, jungen Erwachsenen, Rentnern – alles Menschen mit Migrantenhintergrund, sowie auch als Vater von 5 Kindern – drei Töchtern und zwei Söhnen.

Ich möchte mit diesem Schreiben klar stellen, dass unsere Gemeinden die geplante Erweiterung des Bildungsplans um die sexuelle und Familienformen-Vielfalt entschieden ablehnen. Für diese Haltung gibt es mehrere für uns gewichtige Gründe:

 

Kirche

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Русская Православная Церковь За Границей
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Штутгарт

Russische Orthodoxe Kirche im Ausland
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St. Nikolaus – Kathedrale
Stuttgart

Протоиерей Илья Лимбергер

Иерей Александр Шпулинг
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Иерей Владимир Бошман

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07229 / 699 09 06
06298 / 44 55
06298 / 16 98

Erzpriester Ilya Limberger (Адрес электронной почты защищен от спам-ботов. Для просмотра адреса в вашем браузере должен быть включен Javascript.)

Priester Alexander Spuling
Priester Alexander Boschmann
Priester Wladimir Boschmann

 

Winfried Kretschmann
Ministerpräsident von Baden-Württemberg
Staatsministerium Baden-Württemberg

Richard-Wagner-Str. 15

70184 Stuttgart

11. März 2014

 

Bildungsplan 2015

 

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

ich schreibe Ihnen in meiner Funktion als Vorsteher der russisch-orthodoxen Kirchengemeinde Stuttgart, als Mitglied der christlich-orthodoxen Pfarrkonferenz, die die griechischen, die serbischen, die rumänischen, die bulgarischen und die russischen Gemeinden Stuttgarts vertritt, als Seelsorger und Priester für Hunderte von Menschen – Eltern, Kindern, Jugendlichen, jungen Erwachsenen, Rentnern – alles Menschen mit Migrantenhintergrund, sowie auch als Vater von 5 Kindern – drei Töchtern und zwei Söhnen.

Ich möchte mit diesem Schreiben klar stellen, dass unsere Gemeinden die geplante Erweiterung des Bildungsplans um die sexuelle und Familienformen-Vielfalt entschieden ablehnen. Für diese Haltung gibt es mehrere für uns gewichtige Gründe:

  1. Die Intimsphäre und das Schamgefühl unserer Kinder dürfen nicht verletzt werden. Wir sind dagegen, dass unsere Kinder über die vielfältigen Möglichkeiten, die Sexualität zu leben, schon in der Grundschule bzw. in der Orientierungsstufe aufgeklärt werden. Die diesbezügliche Erziehung der Kinder liegt für uns im Ermessungsbereich der Eltern; eine staatliche Bevormundung von uns als Eltern auf diesem sensitiven Bereich lehnen wir ab. Was an Werten und Normen an die Kinder herangetragen wird, sollten im Zweifelfall die Eltern und nicht die staatlichen Organe entscheiden. In einem solchen Fall hat die Familie vor dem Staat einen eindeutigen Vorrang. Wir berufen uns hierin auf den Geist und den Buchstaben des §6 des deutschen Grundgesetzes.
  2. Es wird oft mit der Anforderung der Toleranz gegenüber Minderheiten argumentiert. Als Menschen mit Migrantenhintergrund wissen wir dieses hehre Ziel sehr wohl zu schätzen. Doch sollten nicht alle Praktiken, die zur Kultur oder zur Subkultur einer Minderheit gehören, an die Kinder herangetragen werden. Die Praktiken und Lebensweisen von Minderheiten, die sich (fast) ausschließlich über die Sexualität definieren, gehören für uns nicht in die Kinderstube. In diesem Fall muss die erstrebte Toleranz auf anderen Wegen erreicht werden, und nicht über die Aufklärung der Kinder.
  3. Wir lehnen es ferner ab, dass unseren Kindern der Eindruck vermittelt wird, dass die Sexualität im Mittelpunkt der zwischenmenschlichen Beziehungen steht und somit zum Querschnittsthema über alle Lebensbereiche hinweg wird. Als Familienmenschen wissen wir sehr wohl um den Wert der Sexualität in unseren Paarbeziehung. Doch gibt es bekanntlich viele weitere Aspekte des psychischen und sozialen Lebens von Paaren und Familien, die aber im Arbeitspapier zum Bildungsplan 2015 nicht erwähnt werden.
  4. Die sexuelle Vielfalt, die Unterscheidungen zwischen homo-, bi-, inter-, transsexuellen, sowie transgender Menschen soll als Querschnittsthema über alle fünf Leitprinzipien hinweg eingeführt werden. Gleichzeitig finden die gesundheitlichen, psychosozialen, pädagogischen, beruflichen Aspekte des Familienlebens in der heutigen Gesellschaft im Arbeitspapier keinerlei Erwähnung. In den didaktischen Empfehlungen der GEW „Lesbische und schwule Lebensweisen - ein Thema für die Schule“ wird die folgende gesellschaftliche Diagnose ausgesprochen: „Beim Lesen, Schreiben und Rechnen wird implizit das Bild von der „Vater-Mutter-Kind-Familie“ vermittelt, obwohl diese Familienform am Anfang des 21. Jahrhunderts in Auflösung begriffen ist. Andere Familienformen, wie Patchwork-Familien, Ein-Eltern-Familien, Singles, Wohn- und Hausgemeinschaften nehmen einen breiten Raum in unserer Gesellschaft ein.“ Dieser Beurteilung schließen wir uns an. Nicht aber den daraus gezogenen Schlussfolgerungen: „In der Schule werden sie (die anderen Familienformen) noch nicht angemessen berücksichtigt“. Im Gegenteil sind wir der Meinung, dass angesichts des Familienzerfalls und der vielfältigen Schwierigkeiten, denen die Familie in der heutigen Gesellschaft ausgesetzt ist, die Kinder verstärkt für das Leben in und mit der Familie durch die Schule vorbereitet werden sollten. Die psychologischen Aspekte der Paarbeziehung und des Familienlebens, die Verantwortung für einander, die psychologischen und gesundheitlichen Aspekte der Schwangerschaft und des Kinderkriegens, die pädagogischen Aspekte der Kindererziehung, die sozialen und beruflichen Aspekte einer Familie mit Kindern, etc. würden in Form von Bildungs- und Erziehungsangeboten fruchtbaren Boden bei vielen Kindern und Jugendlichen finden. Das wäre ein echter Beitrag zur gesunden Zukunft unserer Gesellschaft.
  5. Die Betonung der LGBTTI – Thematik, sowie ihre Darstellung als eine der klassischen Familie gleichwertige Lebensform stellt für Migranten, deren religiöser und kultureller Hintergrund eine solche Sichtweise nicht zulässt, eine weitere hohe Hürde für die Integration in die deutsche Gesellschaft dar. Ein solcher Bildungsplan erhöht die Gefahr, dass ganze ethnische Gruppen eine Integration in die deutsche Gesellschaft als nicht mehr als erstrebenswert ansehen.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Sie haben auf berechtigte Kritik des Arbeitspapiers seitens verschiedener gesellschaftlicher Gruppen reagiert und den Bildungsplan zur Überarbeitung gegeben. Wir begrüßen diesen Schritt. Wir bitten Sie daraufhin zu wirken, dass durch die schulische Bildung die Sexualisierung der Kinder ab-, die Beziehungs- und Familienfähigkeit dagegen zunimmt.

 

Für Gespräche stehen wir sehr gerne zur Verfügung. Wir würden auch gerne unsere VertreterInnen in die Bildungskommission entsenden, um uns an der Überarbeitung des Bildungsplanes zu beteiligen, falls dies erwünscht wäre.

 

Wir wünschen Ihnen und Ihrer Familie eine gesegnete Fastenzeit und ein frohes Auferstehungsfest!

 

Mit herzlichen Grüßen,

 

Pfr. Ilya Limberger

 

Kopie an:
Andreas Stoch, MdL
Peter Hauk, Vorsitzender CDU-Fraktion
Dr. Susanne Eisenmann, Bürgermeisterin für Kultur, Bildung und Sport

 


 

Mehr zu dem Thema:

www.bildungsplan2015.de

http://zukunft-familie.org

http://www.freiewelt.net

http://kultur-und-medien-online.blogspot.de

http://www.aktion-kig.de